Geothermie in Neustadt-Glewe

Drei Regionen in Deutschland bieten besonders gute Bedingungen, um diese Wärmequelle zu nutzen:

  • das Molassebecken im südlichen Bayern
  • der Oberrhein-Graben in Südwestdeutschland
  • die Norddeutsche Tiefebene

Die Stadt Neustadt-Glewe liegt im Norddeutschen Becken, das sich nördlich einer Linie von Cottbus im Osten über Magdeburg bis ins Münsterland im Westen erstreckt. Aus zahlreichen Erdgas- und Erdölbohrungen war bereits bekannt, dass die Temperatur hier mit der Tiefe schneller steigt als anderswo. Zudem wusste man, dass die Gesteinsschichten Thermalwasser führen. Ideale Voraussetzungen also, um die Tiefenwärme anzuzapfen und für Heizzwecke nutzbar zu machen.

Der Untergrund der norddeutschen Tiefebene in Mecklenburg-Vorpommern wird von Wasser führenden, porösen Sandsteinschichten durchzogen und bietet optimale Voraussetzungen zur Nutzung der Erdwärme. Bereits in den 60er Jahren stieß man dort bei der Suche nach Öl und Erdgas auf Reservoire an heißem Wasser.

Um diese Thermalwässer erschließen zu können, wurde 1984 in Neustadt-Glewe ein geothermisches Projekt entwickelt. Bei der Niederbringung der dazu erforderlichen zwei Bohrungen in fast 2,5 km Tiefe in den Jahren 1988/ 1989 wurden Speicher mit einer Temperatur von fast 100°C vorgefunden. Dabei handelt es sich um eines der wärmsten erschlossenen Heißwasserreservoire in Norddeutschland.

Prinzip des Erdwärmeheizwerkes

Das Erdwärmeheizwerk Neustadt-Glewe erzeugt die Wärme nach dem Prinzip der hydrothermalen Geothermienutzung.

Basis für diese Art der Nutzung ist eine vorhandene wasserführende Gesteinsschicht (Aquifer) mit ausreichen- der Temperatur und Ergiebigkeit, die angebohrt wird. In Neustadt-Glewe steigt das heiße Thermalwasser ohne Aufwand von Hilfsenergien auf rund 80 bis 100 Meter unter der Erdoberfläche.

Eine, in ca. 360 Metern Tiefe in die Bohrung eingelassene Unterwassermotorpumpe fördert das Thermalwasser zutage und drückt es durch die im Heizwerk befindlichen Wärmetauscher bis zu einer zweiten Bohrung. Durch diese wird das ausgekühlte Thermalwasser wieder in die Gesteinsschicht zurückgeführt. Die drehzahlvariable Unterwassermotorpumpe fördert nur soviel Thermalwasser, wie für den Wärmebedarf des Kunden benötigt wird (zwischen 60 und 110 m³/h).

Da die Quelltemperatur mit bis zu 97°C für Heizzwecke ausreichend ist, kann die Wärmenutzung ohne Einsatz einer zusätzlichen Wärmepumpe erfolgen.

Es werden jährlich im regulären Betrieb teilweise über 90 Prozent der abgegebenen Fernwärme aus geothermischer Energie gewonnen. Der restliche Energiebedarf wird mit dem Spitzen- und Reservekessel auf Gas- oder Ölbasis erzeugt.

Quelle: GTN Neubrandenburg

Aufbau des Heizkraftwerks und der Fernwärmeversorgung

Das Prinzip ist so einfach wie überzeugend: Über die Förderbohrung (1) wird heißes Thermalwasser aus der Tiefe gepumpt. Im Heizwerk wird die Wärme des Wassers über den Wärmetauscher (3) auf das Fernwärmenetz übertragen und damit Wohnhäuser und Gewerbebetriebe mit umweltfreundlicher Heizenergie versorgt. Wenn das Wasser des Fernwärmenetzes seine Wärme weitgehend abgegeben hat und nur noch ca. 50 Grad Celsius warm ist (8), wird es im Wärmetauscher (3) erneut erwärmt und wieder in das Fernwärmenetz eingespeist. Das dabei abgekühlte Thermalwasser gelangt über die sogenannte Injektionsbohrung (9) wieder zurück in den Untergrund und damit ist der Kreislauf geschlossen. Das eigene Blockheizkraftwerk (5) erzeugt den Strom für die Unterwasserpumpe (2). Ergänzt wird die Anlage durch Reserve- und Spitzenlastkessel (4): Sie stellen die Versorgung sicher, falls die geothermische Energie in einem besonders strengen Winter nicht ausreichen sollte, oder die Geothermieanlage nicht zur Verfügung steht.

Wie die Geothermie zum Verbraucher kommt

Insgesamt mehr als 15 Kilometer lang ist das unterirdische Leitungsnetz, über das die Erdwärme zu den Kunden kommt. Seit 2009 wird auch die Altstadt erschlossen. Nicht immer ist eine lange Leitung von Nachteil: In Neustadt-Glewe erreicht das Fernwärmenetz der Erdwärme inzwischen zahlreiche Haushalte. Dafür wurden bislang etwa 15 Kilometer Leitungen mit bis zu 30 Zentimetern Durchmesser in den Untergrund gelegt. Damit das Wasser auf seinem Weg nicht zu viel Wärme verliert, müssen die Rohre gut gedämmt werden. Ein Leckwarnsystem entlang der Rohrleitung sorgt dafür, dass undichte Stellen schnell entdeckt werden. Auch in Zukunft soll das Netz ausgebaut und weitere Bereiche der Stadt angeschlossen werden. Der Weg der Wärme Übergabe im Haus So wie das Thermalwasser im Heizwerk seine Wärme auf das Wasser des Fernwärmenetzes überträgt, findet in den Häusern der Kunden ein weiterer Wärmetausch in einer Übergabestation statt. Sie ist so konzipiert, dass nicht nur das Wasser des häuslichen Heizsystems erwärmt wird, sondern auch das Trinkwasser für Küche und Bad.

Neustadt-Glewe will CO2-neutral werden

In ihrem Klimaschutzkonzept hat sich die Stadt als Hauptgesellschafterin der Neustadt-Glewe GmbH das Ziel gesetzt, den Energieverbrauch und damit den Ausstoß klimaschädlicher Gase nachhaltig zu senken. Bis 2030 will die Stadt sogar eine neutrale Kohlendioxid-Bilanz erreichen. Dazu leistet die Erdwärme einen beträchtlichen Beitrag.